Autorenkreis Plesse
Herzlich willkommen beim Autorenkreises Plesse!
Der Autorenkreis Plesse ist eine – seit 1979 internationale – Schriftstellervereinigung. Autorinnen und Autoren, nicht nur deutsche, haben sich in ihr zusammengeschlossen. Sie stammen aus verschiedenen Orten, aus verschiedenen Ländern und führen jedes Jahr Mitte September literarische Veranstaltungen in Bovenden durch. Seit 1976, seit 44 Jahren ist das ohne Unterbrechung der Fall. Die Muttersprache der Autoren ist unterschiedlich, die Verkehrssprache auf den Lesungen ist Deutsch.
Die Schriftstellerinnen, Schriftsteller lesen öffentlich auf der zentralen Matineeveranstaltung im Bürgerhaus, jedes Jahr an einem Sonntag im September 1100 Uhr, und an weiteren Tagen in Schulen, in der Bibliothek, in Seniorenresidenzen, in Lokalen.
Alle Veranstaltungen werden den Autoren honoriert; für das Publikum ist der Eintritt frei. Die Veranstaltungen sind immer auf die zu erwartende Hörerschaft abgestimmt. Bei den Lesungen wird, weit mehr als sonst in anspruchsvollen Literaturkreisen, auf den Hörer, die Hörerin, den Rezipienten Bezug genommen. Das charakterisiert die Plesse-Literaturtage besonders. Die Hörer sind nicht Zutat, sondern die Hauptsache.
Die Autor/inn/en kommen während der Literaturtage noch darüber hinaus ohne Publikum an ein oder zwei Abenden zusammen. Das gesellige Miteinander spielt eindeutig mit eine Rolle; in den ersten Jahrzehnten war der Kreis geradezu ein Freundeskreis.
Weitere Informationen gibt der Vorsitzende Harald Gröhler Göhrener Straße 12, 10437 Berlin, Telefon 030 44041203, hgroehler@gmx.de ).
Ferner: Frau Renate Maria Riehemann, Schneiderteichweg 58, 37520 Osterode am Harz, renate.riehemann@web.de
Die Lesungen heute in Bovenden und in der Region
Im Zentrum steht nach wie vor die öffentliche Matineelesung der eigens angereisten Gruppenmitglieder. Sie findet im Bürgerhaus statt, um 1100 Uhr.
Die Autoren, Autorinnen haben sich im Jahr zuvor auf ein Thema verständigt; ein Thema, eng genug, schweifende Ideen zu bündeln, und doch weit genug für einen individuellen Gestaltungswillen. Vor allem wird bei der Themenfindung auch über die Interessenlage der zu erwartenden Hörer nachgedacht. Das Thema kann dann in Gedichten oder in einer kurzen Erzählung, als Kindergeschichte, Jugendbuchpassage, als Szene eines Bühnenstücks, als Essay oder biographisch behandelt werden.
Bei dem Reichtum an Darstellungsweisen wird eine Veranstaltung auch mit bis zu 15 Autoren für die Zuhörenden nicht öde. Verkehrssprache der Mitglieder ist Deutsch. Und immer ist irgend eine Autorin, ein Autor dabei, die das Thema mit Humor angehen.
Ein fester Programmpunkt ist der Besuch von Autoren in Schulen. Schülerinnen und Schüler verschiedenen Alters bekommen hier Gelegenheit, eine Autorin, einen Autor live zu erleben, und erhalten Einblicke in deren Arbeitsweise. Darüber hinaus ist es möglich, die jungen Leute selber zu kreativem Mittun zu verführen, was den Beteiligten eine Menge Spannung und Spaß bringt. Nicht selten kommt es dazu, dass Autor und Klasse nach dem Besuch noch in Kontakt bleiben und sich gegenseitig Texte zusenden.
Jedes Jahr werden Plesse-Autoren auch in Seniorenresidenzen erwartet. Der halbstündigen bis einstündigen Lesung, die sich meist zwei Autoren (mit kurzen Texten) teilen, bringen die Senioren mancherlei Erwartung entgegen. Die einen erleben eine willkommene Unterbrechung ihres Alltags durch vorrangig unterhaltsame Texte; andere beteiligen sich vor allem, wenn Lebenserfahrungen thematisiert werden. Wieder andere haben Lust sich zu engagieren, wenn in Erinnerungen gekramt wird; oder wenn gar von eigenen Texten berichtet werden kann.
In jährlichem Wechsel finden in den Bibliotheken der Bovender Ortschaften Lesungen und Gespräche statt. Auch zu aktuellen Problemen wird Stellung bezogen.
Zu den ausgehängten Terminen sind neben notorischen Leserinnen und Lesern auch immer die Neugierigen … und die Unentschiedenen eingeladen.
Zur Struktur des Autorenkreises Plesse
Der Autorenkreis Plesse ist, abgesehen von lediglich noch einem Autoren-Verein, deutschlandweit die einzige Autorengruppierung, in der auch Schriftsteller/innen des Auslands Mitglied sind. Angehörige anderer Staaten sind hier integriert. Der potentielle Zuwachs an Erfahrung, zudem an souveräner Gelassenheit, an Urbanität ist so für inländische Mitglieder erheblich. Internationalität ist nach wie vor Ziel und bereits eine Selbstverständlichkeit.
Charakteristika des Autorenkreises Plesse sind sowohl, dass es keinen Mitgliedsbeitrag gibt, wie auch, dass die Lesungen honoriert werden. Die Mittel dafür stammen dankenswerterweise von dem Flecken Bovenden.
Jährlich erscheint ein aufwendig gemachtes, gedrucktes Anthologiebändchen (in einem Buchverlag und mit ISBN) mit den Texten der Hauptveranstaltung, mit einer Dokumentation und einem Foto der beteiligten Autor/inn/en.
Der Flecken Bovenden und die drei Gründer der Plesse
Warum gerade Bovenden? Der „Flecken Bovenden“ liegt 6 km nördlich von Göttingen. Der Flecken Bovenden wurde Sitz des Autorenkreises Plesse, weil die Autoren, die die Gruppe gründeten, in dieser Region zu Hause waren.
Carl Heinz Kurz, Weltreisender, Haiku-Dichter und Reiseschriftsteller, wohnte im Bovender Pappelhof in Bovenden-Rauschenwasser, Adolf Georg Bartels, Lyriker, und Rudolf Otto Wiemer, Lyriker, Romanautor und Puppenspieler, lebten in der Universitätsstadt Göttingen. Alle drei waren eine Zeit lang in ihrem Leben auch Lehrer.
Aber noch ein Hinweis soll hier nicht fehlen: Ein bevorzugter, mutmaßlicher Treffpunkt des literarhistorisch berühmten „Göttinger Hains“, die Quelle des Weendebaches nämlich, liegt gleich nah zu Bovenden wie zu Alt-Göttingen. Auf die Tradition des „Göttinger Hains“ berief sich eigens der Autorenkreis Plesse, wie Wiemer mehrere Male herausstellte. Freilich, der folgenreiche, berühmte „Hainbund“ aus dem 18. Jahrhundert, dieser Dichterbund (gegründet am 12. Sept. 1772), ist eine Sache für sich gewesen; und er ist unwiederholbar.
Die Anfänge
Die drei Autoren Kurz, Wiemer, Bartels kannten sich, sie schätzten sich. Das Jahr 1964 hielten sie als den Beginn eines gemeinsamen Projekts fest. Gut ein Jahrzehnt dauerte es, bis sie ihre Pläne mit der Hilfe des seinerzeitigen Gemeindedirektors von Bovenden Karl Heinz Lies konkret umsetzen konnten. Lies griff die Idee auf, Dichterlesungen in der Burg Plesse anzubieten. Lies kümmerte sich um die Finanzierung. Und er bot die Zeitschrift Plesse-Archiv für den Abdruck der auf der Hauptveranstaltung gelesenen Texte an. Er verwirklichte das „Burgschreiber“-Programm: „Burgschreiber“ wurde eine besondere Auszeichnung für einzelne Autorinnen, Autoren.
Carl Heinz Kurz, weitgereist und ungewöhnlich kommunikativ, lud befreundete Schriftsteller aus dem In- und Ausland ein; dabei bedachte er auch immer die Chemie des Kreises. Die Zahl der Mitglieder begrenzte Kurz damals auf 27. Und ein Verein sollte die Gruppe nicht werden. Kurz strebte einen interessierten Freundeskreis an, der in Harmonie gesprächsfähig war. In den Jahren 1976 bis 1985 brachte er diesen Kreis zusammen. Last but not least war Kurz selber Gastgeber. Er war der dynamische Mittelpunkt. Siegward Kunath, späterer Nachfolger im Vorsitz, fungierte als sein Adjunkt; das Kuratorium bestand außerdem aus Gudula Budke und Detlev Block. Der Flecken Bovenden gewährte nicht nur damals, sondern bis heute die finanzielle und zudem ideelle Unterstützung.
Der Autorenkreis Plesse in der öffentlichen Wahrnehmung
1976 war die erste öffentliche Lesung. Die Autoren lasen im Rittersaal der (wieder aufgebauten) Burgruine Plesse. Bartels, Kurz und Wiemer wurden als „Burgschreiber zu Plesse" herausgestellt; die Ehrungen erfolgten unter dem Beifall der Anwesenden. Die Lesungen fanden größten Anklang. Die Presse bestätigte das in den folgenden Tagen. Gespräche wurden geführt, Wiedersehen gefeiert, Bücher wurden von Hand zu Hand gegeben, Verabredungen getroffen, Einladungen ausgetauscht; kaum dass noch Zeit zum Signieren der Bücher blieb.
Dieses Lesungsprogramm – damals gab‘s noch nicht das Wort Event im Deutschen – ist dann alljährlich fortgesetzt worden. Lückenlos bis heute. Nur dass sich die Hauptveranstaltung vom Burg-Rittersaal ins Bürgerhaus neben dem Bovender Rathaus verlagerte.
Die zentralen Matineelesungen jedes Jahr standen und stehen immer unter einem neuen Thema. Auch heute ist das so. Kurz war es im Übrigen darum zu tun, in der Plesse die Anliegen der Internationalen Schriftsteller-Konferenzen von Mölle, Schweden, weiterzupflegen. Und C. H. Kurz brachte zu jedem einzelnen Plesse-Autor im Verlag Graphikum Dr. Mock einen schmalen, edlen Textband heraus; absolut außergewöhnlich für einen Schriftstellerkreis im deutschen Sprachraum. Ermöglicht wurde das wieder, weil der Flecken Bovenden diese Veröffentlichungen mäzenatisch unterstützte.
Die Autoren, Autorinnen reisten aus der BRD und der DDR an, aus Spanien, Japan, Großbritannien, den Niederlanden, Israel, Polen, Italien, den USA, Griechenland, Rumänien, Australien, Schweden, Dänemark, Äthiopien, Georgien, Slowenien, Österreich und Frankreich. Gelesen wurde auf Deutsch. Im Lauf der Jahre mussten später Veränderungen hingenommen werden: Die wirtschaftliche Situation schränkte das Kommen vieler ausländischen Literaten ein. Und eine Zäsur war der Tod von C. H. Kurz im Februar 1993.
Nachfolger im Vorsitz wurde Siegward Kunath. 2004 folgten im Vorsitz Brigitte Rosetz, 2017 Harald Gröhler.