Aus dem Werk der Gründerväter
Aus Werken der drei Gründer:
Adolf Georg Bartels: Spiegelgedichte |
Carl Heinz Kurz: |
Acht Haikus
Stolz ragt die Zeder empor. Aber der Grashalm – traf je den Grashalm der Blitz?
Was hinterm Horizont liegt, niemand erblickt es. Immer auch wäre er neu.
Zweifle nur, Fliege! Du siehst nicht des Menschen Hand. Dennoch, ach, schlägt sie dich tot.
Sahest du jemals den Sturm? Wohl aber reißt er Wälder und Städte dir um.
Nur wer, ohne taub zu sein, keine Uhr mehr hört, tritt in das Ewige ein.
Schon, weil du selten uns ganz gönnst deine Schönheit, bist du, o Mondin, kein Mond.
Freudig und nackt springt der Gott aus dem Horizont. Trockne die Tränen, mein Herz.
Hoch schwebt im Laube die Frucht, glänzend, gerundet. Innen, im Fleisch frisst der Wurm.
Rudolf Otto Wiemer:
(aus: Der dreifältige Baum. Waldgeschichten)
Denn es war Krieg. Da also sagte Lili: „Du musst zum Doktor, Großvater.“ Ich hörte es, weil ich mich stets in Lilis Nähe hielt, natürlich ohne dass sie’s merkte. Ich war ja erst dreizehn und sie sechzehn, und ich hörte, wie sie mit dem Großvater sprach. Sie sagte: „Ich mach das schon . Um das Schwimmfest brauchst du dich nicht zu sorgen. Ist doch alles vorbereitet.“ Trotzdem hätte Lili es nicht geschafft. Es war ein Glück, dass Hans Paal im Ort auftauchte. Er kam wie gerufen, genau an dem Tag, als der alte Peschke zum Doktor ging und sich ins Bett legte. Da kam Hans Paal die Kurpromenade entlang, blieb stehen, las das Plakat, lächelte, weil gedruckt war: Turmspringen vom Dreimeterbrett, stellte den Koffer in der Kurverwaltung ab und ging, noch ehe er sich ein Zimmer geben ließ, an der Kirche vorbei über den Friedrichsplatz in den Ortsteil, der sich Neustadt nennt, dann an einer Feldscheune vorbei und einem verwilderten Obstgarten zwischen Rainen, die weiß waren von Margeriten und gelb von Hahnenfuß. Er hörte die Lerchen trällern, er roch das Grummet auf Gesserts Wiese und sah endlich den hohen, silbrig blinkenden Bretterzaun, der den Karpfenteich, jetzt von Weiden eingerahmt, zu einer Stätte des Sports machte, wie es in der Zeitung stand. Das Ufer wurde befestigt, man baute Umkleidekabinen und legte Treppchen an, die ins Wasser führten, dazu Sprungbretter in verschiedener Höhe, wobei das Dreimeterbrett das äußerste war, was die Friedrichröder sich zutrauten. Immerhin, wenn man oben stand und auf das undurchsichtige Wasser herabblickte, kam es einem gleich höher vor, das musste selbst Hans Paal zugeben. Hans Paal sagte das auch, als er auf dem Dreimeterbrett wippte. Er sagte es zu Lili, die in einem roten Badeanzug unten an der Treppe stand. Und es kam ihm vor, als wären ihre Augen noch größer und heller geworden. Sie gab auf die Nichtschwimmer acht, wofür hätte sie sonst Peschkes Trillerpfeife umgehängt gehabt, an einer Kordel, mitten auf der Brust. Es ging auf zwölf, Erwachsene waren nicht im Wasser. |
Wege im Dämmerlicht
Gesicht im Regen, zwei Minuten Aufenthalt – irgendwo am Strom …
Nachwort
Wende zur Sonne dein Gesicht – und hinter dich fallen die Schatten ...
Tochter
Die roten Striche unter Frieds Liebesliedern – sie verrieten dich.
Ich wusste es nun: du liebst die, die mir die Liebste ist.
Würde
auf meinen Wegen hin durch fünf Kontinente in Krieg und Frieden
spürte ich Takt und Würde in den Seelen der Ärmsten.
Holocaust
Siebzehn war er alt, nur ein nacktes Gerippe, als der Krieg aus war:
der David aus Pultusk, Sohn des vergasten Schlossers Löw.
Stunde
Alle verwunden – heißt es auf Sonnenuhren: die letzte tötet …
Während ich dieses schreibe, treibt die Sonne der Nacht zu.
Un-Dank
Auf dem Trödelmarkt fand ich ein zerlesenes Buch, das ich einst schrieb
und einer Freundin schenkte, die ich vor Jahren verließ …
Paris
Was aber sind wir? Einer jammervolle Schar zerzauster Vögel –
Zuckmayer sagt es zu Roth, als sie Horváth begraben. |
Wolke und Schnee
Friede, wer hat ihn? Wer wagt zu sagen: Friede auf Erden? Mir wär zu hören schon lieb: auf Erden kein Krieg. |
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